Fast 30 Grad herrschten in Aschaffenburg, als eine bunt gemischte Reihe von Oldtimern vom staubigen Volksfestpatz gen Frankfurt aufbrach. Vom seltenen Mini Clubman Kombi bis hin zum Maserati 3500 GT war eine breite Palette von Fahrzeugen vertreten. Trotz der sengenden Sonne fuhren aber alle Cabrios mit offenem Verdeck.
Wer die Straßen Richtung Offenbach kennt, weiß welche Herausforderung es ist, in dieser Region Strecken mit schöner Umgebung zu finden. Aber Henk und Corrie Slotboom hatten es geschafft, wunderbare Nebenstraßen zu finden. Das begann schon kurz nach dem Queren des Mains, als die kleine Gruppe nicht die Bundestraße 469 befuhr, sondern parallel auf einer kleinen Straße entlang der früheren Mülldeponie durch ein wunderbar kühles Waldstück fuhr. Mainflingen, Klein-Welzheim oder Hainstadt – die Ortsdurchfahrten boten wenig Abwechslung, aber wie in Hessen üblich häufig stationäre Radarkontrollen, die durch mobile Geräte ergänzt waren. Aber die vorbildlich fahrenden Lenker der Oldtimer hatten ja sicher nichts zu befürchten…
Als wir den Ort Lämmerspiel erreichten, sahen wir keine weidenden Schafe, sondern das Ufer des Mains. Henk und Corrie hatten die gute Idee gehabt, Straßen und Wasserstraßen im Roadbook zu integrieren. Und so nahmen wir die Mainfähre, um die Frankfurter Uferseite zu erreichen – obwohl eigentlich angesichts der Sommerdürre das Schild seine Berechtigung hatte: “Am anderen Ufer ist das Gras auch nicht grüner.“ Ein Spaßvogel hatte hinzugesetzt: „aber die Leute sind schlauer!“ Besonders die Maserati- und Jaguar-Fahrer warteten etwas ungeduldig auf die Fähre, da es den Motoren ihre Autos bei solcher Hitze (zu) warm ums Herz wurde. Aber alle Oldtimer schafften es nach und nach auf die Fähre und wieder herunter. Und Henk konnte zufrieden auf seine „Schäfchen“ blicken und ein Zigarettchen rauchen.
Als echte Kenner hatten die Organisatoren für die Fahrt zur Klassikstadt nicht die Strecke über die Hanauer Landstraße gewählt, die regelmäßig mit längeren Wartezeiten vor der Bahnschranke in der Casellastraße endet. So erreichten die Klassiker mit einem kleinen Umweg staufrei ihr Ziel, die Frankfurter Klassikstadt. Die Klassikstadt befindet sich in einem monumentalen Fabrikgeschossbau aus dem Jahre 1910. Die Fabrikanlage beeindruckt durch die komplett erhaltene historische Backsteinfassade mit wunderschönen Bogenfenstern. Gemeinsam mit weiteren Nebengebäuden, einer großzügigen Außenanlage und einer Grünfläche bildete das Areal von ca. 20.000 qm einen würdigen Rahmen für unsere Autos.
In der „Werkskantine“ standen kühle Getränke und leckere Speisen bereit, die müden Reisenden zu erquicken. Während die Motoren der Oldtimer langsam abkühlten, waren die Oldtimerfreunde bereits tief in Stammtisch-Gespräche vertieft. Und ehe wir uns versahen, war es dunkel und die Zeit für die Heimfahrt war gekommen. Aber der (fast-)Vollmond, die sternenklare Nacht und Restwärme des Tages machten auch die Heimfahrt zu einem Erlebnis.
Text und Fotos: Rüdiger Bonneß